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9. Februar 2024

DSV-Pressedienst 04/2024: Technisch erzeugter Schnee und Schneemanagement: Fakten & Zahlen

„Schnee von morgen“ 

Gerne möchten wir Euch auf einen Beitrag des DSV-Pressedienst 04/2024 vom 8.2.24 aufmerksam machen:

Warum der Begriff „Kunstschnee“ irreführend ist
Oft wird der von Schneeerzeugern – oder auch „Schneekanonen“ – produzierte Schnee vereinfacht als „Kunstschnee“ bezeichnet. Diese geläufige Bezeichnung ist mitunter irreführend, da für die technische Schneeerzeugung in den meisten Regionen lediglich Wasser und Luft zum Einsatz kommen. Darüber hinaus werden keine „künstlichen“ Zugaben benötigt, um Schneekristalle zu bilden. Es handelt sich um eine rein technische Erzeugung von sogenannten Eis-/Kristallationskeimen aus den „Zutaten“ Wasser und Luft. Länder regeln den Einsatz von Keim-unterstützenden Zusätzen unterschiedlich.

Technische Schneeerzeugung: Wasserverbrauch ≠ Wasserverschwendung
Beim Einsatz von technischer Beschneiung wird Wasser nicht im klassischen Sinne verbraucht. Vielmehr wird das Wasser in Schneeform gebunden, bevor es mit der Schneeschmelze in den Wasserkreislauf zurückgelangt – wie es bei Naturschnee der Fall ist. Rund 10 Prozent des Wassers verdunstet bei der Schneeerzeugung in die Luft und damit weiter in den global geschlossenen Wasserkreislauf. Wasserentnahmen für die Produktion von technischem Schnee unterliegen dabei den behördlichen Vorgaben. Meist wird das Wasser zu Zeiten hoher Wasserstände und aus extra vorgesehenen Wasserspeichern entnommen. Insgesamt gilt es, Wasser effizient einzusetzen und als besondere Ressource zu schützen – egal ob im Haushalt, in der Gemeinde, im Tourismus oder in der Industrie.

Verbrauchen Schneekanonen zu viel Energie?
Natürlich wird bei der Herstellung von Maschinenschnee Energie benötigt. Über die Notwendigkeit und Menge des Energie- und Wasserverbrauchs wird viel diskutiert. Jedoch wird selten darauf eingegangen, wie hoch dieser tatsächlich ist und was die Zahlen in Bezug auf die Nutzungseffizienz bedeuten. Unser Alltag, unser Konsumverhalten, unsere Freizeitaktivitäten haben einen Einfluss auf unseren individuellen ökologischen Fußabdruck. Wir alle sollten dafür sensibilisiert werden, dass unsere Konsumentscheidungen hinsichtlich der Freizeitplanung einen Effekt haben. Davon ist der Skisport ein Teil. In Deutschland liegt der Jahresverbrauch für elektrische Energie für Seilbahnen und Beschneiung bei rund 43 GWh. Im Schnitt werden hierzulande rund 7 Millionen Skitage gezählt (Statista, 2022 International Report on Snow & Mountain Tourism).
Werden alle Faktoren einbezogen – Präparation, Liftanlagen, Beschneiung, Gastronomie, Heizung, Werkstatt/Verwaltung – ergibt das am Beispiel der Oberstdorf-Kleinwalsertal-Bergbahnen einen durchschnittlichen Wert von 18 kWh pro Skifahrer pro Skitag.
Rund 75% der benötigten Energie werden in Deutschland aus regenerativen Quellen bezogen. Die Beschneiung der Skipisten erfolgt überwiegend in der Nacht, wenn die Auslastung durch Kommunen und Industrie weniger stark ausgeprägt ist. Viele Skigebiete nutzen für die Versorgung der Schneekanonen bereits eigens produzierten Strom. Der größte Teil des Energieverbrauchs im Sport- und Freizeitsektor entsteht bei An- und Abreise, so auch im Wintersport.

Welche Vorteile bietet technisch erzeugter Schnee?
Die technische Schneeproduktion erhöht die Planungssicherheit für Skigebiete, Regionen, Tourismus und letztendlich auch für Wintersportaktive an sich. Sie hilft kurzfristige Schwankungen in Temperatur und Niederschlag abzufedern und so einen Betrieb zu gewährleisten.
Der Wintersport ist in den Alpen und auch im deutschen Alpenraum als Bewegungsform traditionell fest verankert, Teil der Sport- und Erholungskultur und wird auch in Zukunft Menschen in Vereinen, am Berg und im Spitzensport weiter zusammen und in Bewegung bringen. Millionen Sportbegeisterte – vom Kleinkind bis zum Senior – verbringen dank des Skisports viele Stunden beim Sport an der frischen Bergluft. Außerdem ist er natürlich auch ein wichtiger Wertschöpfungsfaktor in den Wintergebieten.
Gleichzeitig bietet Maschinenschnee auch Vorteile bei einer vorhandenen Naturschneedecke. So werden die Wiesen und Hänge im Skigebiet durch eine höhere Schneedecke besser geschützt. Auch das Verletzungspotential verringert sich bei höherer Schneedecke im gesicherten Skiraum. Darüber hinaus ist technisch erzeugter Schnee für eine optimale Präparation der Skipisten aufgrund seiner Schneekristallformen besser geeignet als Naturschnee – und das mit weniger Verbrauch für die Pistengeräte. Wintersportler erwarten heutzutage bestens präparierte Skigebiete von früh bis spät.

Snowfarming: weiterer wichtiger Aspekt des Schneemanagements
Beim sogenannten Snowfarming wird überschüssiger Naturschnee oder in kalten Tagen technisch produzierter Schnee auf ausgewiesenen Flächen gelagert und über die Sommermonate eingelagert. Abgedeckt mit Planen oder Hackschnitzeln kann die Abschmelzung durch einen selbstkühlenden Effekt auch über heiße Sommer vergleichsweise geringgehalten werden. Am Bundesstützpunkt Ruhpolding des Deutschen Skiverbands liegt der Volumenverlust im Durchschnitt bei 30 %, ein Teil davon entfällt auch auf die Komprimierung der Schneemasse. Dieser Schnee kann im Frühwinter und in schneearmen Zeiten zusätzlich genutzt werden und sichert vor allem das Vereinstraining vom Einsteiger bis zum Spitzensport ab. Dadurch entfallen für ortsansässige Vereine mitunter Trainingsfahrten in weiter entfernte Gebiete mit mehr Schneesicherheit oder auf den Gletscher. Lehrgänge und Wettkämpfe werden abgesichert und Trainingsstätten wie etwa Langlaufloipen auch für Freizeitsportler nutzbar.

Welche Bereiche gehören darüber hinaus zu einem effizienten Schneemanagement?
Der Begriff Schneemanagement umfasst alle Aspekte rund um die Produktion, den Erhalt und die Präparation von Schnee: Naturschnee, technische Beschneiung, Schneeübersommerung als Anpassungsmechanismus („Snowfarming“), intelligente, softwarebasierte Steuerung von Schneeproduktion und -Präparierung sowie GPS-Steuerung und digitale Schneehöhenmessungen auf Pisten und Loipen zur effizienten Pistenpräparation.
Aus Ressourcen- und Kostensicht ist eine höchstmögliche Effizienz anzustreben. Mittels moderner Anlagen können bis zu 30 % des Energieverbrauchs eingespart werden. Entscheidend sind eine intelligente Steuerung und passende Umweltrahmenbedingungen (v.a. die Feuchtkugeltemperatur oder auch Kühlgrenztemperatur – die niedrigste Temperatur, die durch Verdunstungskühlung erreicht werden kann).
Sportstätten werden für ein effizientes Schneemanagement regelmäßig durch die Stiftung Sicherheit im Skisport (SIS) und entsprechende Experten geschult (SIS Akademie).

Wie funktioniert eine „intelligente Steuerung“?
Eine intelligente Steuerung umfasst eine automatisierte Steuerung der Schneeproduktionsanlagen. Schneekanonen sollten optimal auf die vorherrschenden Umweltbedingungen angepasst sein, um eine größtmögliche Effizienz der Anlagen hinsichtlich Wasser- und Energieeinsatz zu erreichen. Angepasst werden etwa Einsatzzeiten nach Feuchtkugeltemperatur und Wasserdruck. Mit modernen Anlagen sind deutlich weniger Beschneiungsstunden notwendig.
Abgewogen werden sollten die Zeitpunkte der Beschneiung, der Umfang der notwendigen Beschneiung (Volumen), die Dauer der Beschneiung (Maschinenstunden) sowie die Nutzung der Beschneiung. Unerlässlich ist der Einsatz alternativer Kraftstoffe wie der synthetische Kraftstoff HVO und die Verwendung von E-Fahrzeugen in der Schneepräparation.

Wie werden Erkenntnisse gebündelt?
Wintersport als Outdoorsport ist besonders durch den Klimawandel betroffen. Der Ski- und Wintersport muss sich an die sich langfristig verändernden Rahmenbedingungen anpassen. In Bezug auf sich verändernde klimatische Rahmenbedingungen werden der Deutsche Skiverband und die Stiftung Sicherheit im Skisport (SIS) begleitet vom „Beirat für Umwelt und nachhaltige Schneesportentwicklung“ sowie dem Expertenforum Klima.Schnee.Sport, in dem einschlägige Einrichtungen und WissenschaftlerInnen des D-A-CH-Raums zusammenkommen. Das aktuelle Positionspapier mit gesammelten Erkenntnissen an der Schnittstelle zur Praxis dient dabei als Grundlage.
Eine Einordnung der aktuellen Wetter- und Schneelage in den langfristigen Klimatrend und Anpassungsmöglichkeiten durch technische Beschneiung erörtert Umweltbeirats-Experte Hansueli Rhyner vom WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung Davos in einem Beitrag für die Sport1-Sendung Ski & Berge.

Fest steht: Als Folge der Erwärmung wird die für den Schneesport geeignete natürliche Schneedecke langfristig besonders bis in den mittleren Lagen im Alpenraum sowie in den Mittelgebirgen weiter zurückgehen. Dabei verkürzt sich die Dauer der Schneebedeckung um Wochen im Spätwinter, etwas weniger stark auch im Frühwinter. In diesem Zusammenhang ändern sich ebenfalls die meteorologischen Rahmenbedingungen für die technische Schneeerzeugung: Sowohl die Anzahl als auch die Dauer der potenziellen Schneizeiten werden sich verringern. Überlagert wird dieser langfristige Trend jedoch auch von kurzfristigen räumlichen und zeitlichen Schwankungen (Klimavariabilität). Das heißt: Saisonal sind schneereiche Winter weiterhin möglich. Wichtig ist zwischen diesen Wetterphänomenen und dem Klima als Durchschnittszustand über mehrere Jahrzehnte zu unterscheiden. Wir als Wintersportfans können uns auf viele weitere Jahre im Schnee freuen.

Weiterführende Informationen
Informationen zu weiteren Themen finden Sie in unseren Tipps & Infos: www.ski-online.de/tipps-infos.html

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